Ein Schotte macht Dampf: James Watt
Schottland 1764: James Watt sitzt in seiner Werkstatt und ist in Gedanken versunken. Seit sieben Jahren bastelt er in einer Kammer der Glasgower Universität an wissenschaftlichen Instrumenten – nun steht er vor einem Auftrag, der sein Leben verändern wird. Watt soll das Modell einer Dampfmaschine reparieren. Doch das ist dem Schotten nicht genug. Er erkennt die Mängel der Maschine und fasst einen Entschluss: Er möchte sie verbessern. Ein Vorhaben, welches die industrielle Revolution einleitet und die Zukunft der Menschheit in neue Bahnen lenkt.
Dampfmaschine: Alte Erfindung, neues Modell
Doch nicht nur James Watt hat Blut geleckt. Auch der bekannte Entwickler John Smeaton wird aktiv, denn eine verbesserte Dampfmaschine verspricht Profit. Bereits seit 1712 war die Erfindung Thomas Newcomens vor allem für die Entwässerung im Bergbau im Einsatz. Aber sie ist zu schwach und verbraucht Unmengen an Kohle. Smeatons frühere Erfolge verschaffen ihm eine wesentlich bessere Ausgangsposition als seinem Konkurrenten: Watt hat weder Kapital noch eine fertige Ausbildung.
Dennoch kommt James Watt 1757 an der Universität Glasgow als Instrumentenbauer unter. Nach intensivem Studium der Dampfmaschine erkennt er ihr Potenzial. Newcomens Werk hat einen ungünstigen Wärmehaushalt und lässt den Dampf im Zylinder zu schnell abkühlen. Watt konstruiert daher einen Kondensator außerhalb des Zylinders. Der Dampf kondensiert schneller, der Zylinder bleibt länger heiß und die Maschine kann länger laufen. Eine geniale Entwicklung, doch James Watt hat ein Problem: Die Konstruktion ist so groß, dass sie niemand bauen will und er hat kein Geld, um sein Patent anzumelden.
Konkurrenz sieht rot
In der Zwischenzeit macht auch John Smeaton Fortschritte, doch er will eine schnelle Lösung. Durch die bloße Verbesserung des Zusammenspiels der bestehenden Teile steigert er den Wirkungsgrad um 0,5 %. Ein kleiner Erfolg, der sich dennoch verkaufen lässt. Watt steht hingegen vor privaten Herausforderungen: Seine Frau stirbt bei der Geburt seines Kindes, er ist hoch verschuldet und muss sich als Feldvermesser über Wasser halten. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Mit einem neuen Partner erhält er das nötige Geld, um sein Patent anzumelden.
In den folgenden Jahren scheinen sich Watts Bemühungen auszuzahlen. Zusammen mit dem Industriebaron Matthew Boulton gelingt ihm 1776 die Konstruktion der Maschine. Smeaton muss tatenlos zusehen, wie James Watt ein Jahr später seinen ersten Auftrag erhält. Doch noch bleibt ihm ein Mittel: Sabotage. Er sorgt dafür, dass sich der verantwortliche Techniker betrinkt und somit die Maschine während ihres Testlaufs nicht bedienen kann. Aber es hilft alles nichts. Trotz dieses Misserfolgs ist Watts Siegeszug nicht aufzuhalten und legt den Keim für das, was in britischen Fabrikhallen und Industriebetrieben zur vollen Blüte kommt: Die industrielle Revolution.
Ideen von James Watt prägen unsere Gegenwart
- Verbesserte Dampfmaschine: Zwar hat James Watt diese nicht erfunden, seine Neuerungen legen jedoch den Grundstein für industrialisierte Produktionsweisen.
- Pferdestärke: Gegen Ende des 18. Jahrhunderts prägt James Watt die bis heute gültige Maßeinheit für die Leistung von Motoren.
- Dampflok: Ohne die Dampfmaschine von James Watt gäbe es keine Lokomotiven, keine U-Bahnen und keine Hochgeschwindigkeitszüge.
- Schichtbetrieb: Die industrielle Revolution führt zum Schichtbetrieb und der Arbeitsteilung – bis heute.
James Watt erfindet die Pferdestärke
Damit sich seine potenzielle Kundschaft den Leistungsunterschied seiner Dampfmaschine zu Vorgängermodellen vorstellen kann, schafft James Watt eine neue Bezugsgröße: Die Leistung eines Grubenpferds, bis heute bekannt als „Pferdestärke“ (PS). Die Überlegung dahinter: Ein Pferd kann innerhalb einer Sekunde ein Gewicht von 75 Kilogramm einen Meter weit ziehen. Diese Leistung definiert Watt als 1 PS.
Watt wird zur Einheit von Leistung
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ist James Watt am Ziel. Durch weitere Verbesserungen erreicht seine Dampfmaschine einen Wirkungsgrad von 3 % – also drei Mal so viel wie Thomas Newcomens Apparatur. Den Bergwerksbesitzern kann er seine Erfindung durch ein günstiges Leasing-Modell schmackhaft machen. Als Watt 1819 im Alter von 83 Jahren stirbt, ist er ein Mann von hohem Ansehen. Auch wenn er die Dampfmaschine nicht erfunden hat, trieb seine Arbeit die Industrialisierung wesentlich voran.
Bis heute streben Menschen danach, die Energiegewinnung in den Kraftwerken zu optimieren, leistungsfähigere Turbinen zu entwerfen und die Gewalt der Elemente für sich zu nutzen. James Watt begleitet sie dabei Tag für Tag und ist auf jeder Lampe zu finden: Sein Name ist die SI-Einheit der Leistung.