New Work: Wie werden wir in Zukunft arbeiten?
Du wünschst dir mehr Freizeit? Die digitale Welt ist dein Traumarbeitsplatz? Viele Unternehmen in Österreich setzen heute schon auf Arbeitsmodelle der Zukunft. Beispiele sind die Wiener Social-Media-Agentur Büro für Interaktion oder das Team HX vom heimischen Energieunternehmen VERBUND. Wir haben mit ihnen über ihre Zugänge gesprochen.
Kurs auf die 32-Stunden-Woche
„Die Leistungsgesellschaft sagt uns: ‚Ihr müsst immer mehr arbeiten!‘ Dem kann ich nur widersprechen“, sagt Thomas Meyer, Geschäftsführer vom Büro für Interaktion. Dass es auch anders geht, bewies der Unternehmer 2018 mit der Einführung der 32-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt. Meyers Ziel war, neue Wege abseits des Mainstreams zu gehen. Die Vision: einen angenehmen Arbeitsplatz für seine mittlerweile sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen.
Planung ist das A und O
Die Einführung der 32-Stunden-Woche brachte im Büro für Interaktion Veränderungen mit sich: Beispielsweise wurde ein eigenes Tool für Projektmanagement eingeführt – darin können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Verfügbarkeit eintragen. Denn bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell braucht es eine durchdachte Organisation. „Dadurch, dass das Team nicht Vollzeit vor Ort ist, ist die Planung extrem wichtig. Wir müssen die Ressourcen genauestens einteilen, damit unsere Kundinnen und Kunden bestmöglich betreut werden“, erklärt Thomas Meyer.
"In Zukunft werden durch den technologischen Fortschritt viele Arbeitenden von Maschinen übernommen. Die 32-Stunde-Woche ist ein gutes Modell, um die gewonnene Zeit sinnvoll zu nutzen. "
Weniger Arbeitszeit – mehr Leistung
Wer Vollzeit arbeitet, hat sich bestimmt schon gefragt: Wie viel arbeite ich wirklich? Meyer weiß: „Viele arbeiten nicht effektiv acht Stunden am Tag – sondern surfen zwischendurch im Internet.“ Ein weiteres Argument für die 32-Stunden-Woche: Wer geistige Arbeit erledigen muss, braucht einen ausgeruhten Kopf. „Gerade in unserer Agentur ist Kreativität wichtig“, so der Agenturchef. Außerdem seien seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun zufriedener: „Sie sind weniger krank, haben mehr Zeit für Privates und arbeiten dadurch effizienter. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.“ Es sei jedoch zwischen dem produzierenden und dem Dienstleistungsbereich zu unterscheiden – laut Meyer lässt sich die 32-Stunden-Woche bei bestimmten Dienstleistungen sicher einfacher umsetzen als in anderen Bereichen.
New Work: Was ist das?
New Work ist ein Sammelbegriff für zukunftsweisende und sinnstiftende Arbeit. Gearbeitet wird nicht mehr von 9 bis 17 Uhr im Büro, sondern flexibel von zuhause oder unterwegs. Möglich machen das digitale Technologien wie Video-Konferenzen oder Online-Plattformen. New Work hat viele Gesichter:
- Agiles Arbeiten: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten flexibel über Abteilungen hinweg. Das fördert die Kreativität, macht Teamarbeit einfacher und verbessert die Leistung.
- Crowdworking: Unternehmen vergeben Aufträge über Web-Plattformen an eine große Menge von Menschen (Crowd). Diese Jobs können weltweit abgearbeitet werden.
- Remote Work: Bei diesem Arbeitsmodell sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ans Büro gebunden. Die Arbeit wird vor allem online von daheim oder unterwegs erledigt.
- Work Life Blending: Hier liegt der Fokus auf dem Verschmelzen von Arbeit und Privatleben. Gearbeitet wird zu selbst gewählten Zeiten.
Mit agilem Teamwork zu Innovationen
Auch im Energieunternehmen VERBUND wird New Work zunehmend zum Thema. Ein Beispiel ist der Bereich Corporate Innovation, das Team HX. „Unser Ansatz ist ‚Innovation Symphony‘: Wir entwickeln neue Innovationsvorhaben in Kooperation mit VERBUND Business Units und externen Stakeholdern“, sagt Bereichsleiter Franz Zöchbauer. Konkret sieht das beispielsweise VERBUND-intern so aus: Um Innovations-Fokusgebiete – von Wasserstoff bis Elektromobilität – voranzutreiben, werden Councils gebildet. Diese bestehen aus je einem Innovationsprofi von HX sowie weiteren Expertinnen und Experten aus den Business Units, für die das jeweilige Innovationsgebiet relevant ist. Die Councils koordinieren die Themen und sind Treiber der Entwicklung in diesen Feldern.
Im HX-Team wird seit der Gründung des Bereichs 2019 bewusst mit „Definition of Dones“ gearbeitet: Die Ziele sind vorgegeben – wie sie erreicht werden, bestimmen die Teams selbst. Dabei kommen agile Arbeitsmethoden wie Design Thinking oder Sprints – abgegrenzte Arbeitspakete – zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe lassen sich schneller Ergebnisse erzielen und das Arbeiten macht damit auch mehr Spaß. „Dieses Jahr haben wir Sommersprints veranstaltet, um Ideen für neue Leuchtturm-Projekte zu entwickeln“, so Zöchbauer. Am Ende wurden die Ergebnisse dem Vorstand vorgestellt. „Das war für das HX-Team eine Riesenmotivation und hat uns in der Sommerzeit einen wichtigen Schritt vorangebracht.“
Allianzen mit Start-ups und Stanford
Einen offenen Ansatz verfolgt VERBUND auch mit externen Partnern. Ein Beispiel ist der VERBUND X Accelerator. Gemeinsam mit strategischen Partnern aus Österreich und weiteren Ländern wurde eine „Energy & Infrastructure Innovation Platform“ gegründet. Dabei wird nach Start-ups gesucht, die innovative Technologien und Geschäftsmodelle zu wichtigen Energie- und Infrastrukturfragen bieten. 2020 war das erste Programmjahr und es gab über 300 Bewerbungen aus 43 Ländern. Zehn Start-ups arbeiteten in einem digitalen Innovation Camp mit VERBUND, OMV, Post und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zusammen. Sechs Projekte wurden für die sogenannte „Acceleration-Phase“ ausgewählt. Diese läuft bis Februar 2021 und hat Proof-of-Concepts zum Nachweis der Machbarkeit sowie Pilotprojekte zum Ziel.
Eine weitere Kooperation läuft mit der US-amerikanischen Elite-Universität Stanford, konkret dem Nanoscale Prototyping Laboratory-Affiliate Program. Seit Jahresbeginn haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von VERBUND die Chance, sich virtuell mit Spezialistinnen und Spezialisten aus Stanford und dem Sillicon Valley zu Innovation auszutauschen.
"Innovation durch Zusammenarbeit: Die aktuelle Corona-Krise zeigt uns, dass auch globale Kooperation in digitalem Arbeitsmodus aktuell einfacher umsetzbar ist als je zuvor. Nützen wir daher diese Chance. Gerade jetzt! "
Neue Konzepte sind weiter gefragt
Werden New-Work-Konzepte weiterhin an Bedeutung gewinnen? Aus Sicht des Innovationsprofis Franz Zöchbauer wird vor allem flexibles Arbeiten immer wichtiger. „Neben Home-Office-Modellen braucht es dazu auch kooperative Räume. Wir haben zum Beispiel den sogenannten HX Space – dieser lässt sich je nach Anlass flexibel mit Hochtischen, Tribüne oder Bildschirmen umgestalten, um bei inhaltlichen Herausforderungen den bestmöglichen Rahmen für eine erfolgreiche Bearbeitung zu geben“, erzählt er.
Thomas Meyer vom Büro für Interaktion ist sich hingegen sicher, dass sich die verkürzte Arbeitswoche in den nächsten 20 Jahren durchsetzen wird: „Immer mehr Berufe werden durch Maschinen ersetzt – da ist es wichtig weiterzudenken, um unsere Zeit sinnvoll zu investieren.“ Wir sind gespannt, was die Zukunft für uns bereithält.