Nachhaltigkeit und Beislkultur - kein Widerspruch?
Wir schickten Spitzenkoch Felix Schellhorn auf eine Beisltour durch unsere Bundeshauptstadt mit einem besonderen Auftrag: Er soll für VREUND by VERBUND auf die Suche nach Nachhaltigkeit in klassischen Wiener Gasthäusern gehen.
Wir besuchten mit ihm drei legendäre Wiener Wirtshäuser und stießen dabei auf drei unterschiedliche Ansätze wie das Konzept der Nachhaltigkeit in der Gastronomie umgesetzt werden kann.
Haas Beisl
Seit der Übernahme 2012 kocht Spitzenkoch Christian Tischler in dem Wiener Gasthaus. Das Haas Beisl gilt als Institution, wenn man in Wien bodenständig und mit Qualitätsanspruch Innereien essen möchte. Dabei werden oft Teile vom Tier verwendet, die sonst gerne verschmäht werden.
Die Feinheit, mit der etwa ein Kalbsrahm Beuschel angesetzt, oder eine Kalbsleber geröstet wird, ist kulturelles Wissen, das bis heute weitergegeben wurde. Und das es braucht, um auch wirklich das ganze Tier zu respektieren und zu verkochen.
Gasthaus Woracziczky
Hier findet man herausragende Wirtshausküche, die mit einer Leichtigkeit und Freude serviert wird, dass man sie schmecken kann. Das „Wora“, wie es von seinen Stammkunden liebevoll genannt wird, lebt Nachhaltigkeit zum Beispiel so, dass, wenn zu viel gekocht wurde, gerne mal die besagten Stammkunden aus der Nachbarschaft angerufen werden.
Somit werden „Care-Pakete" verschenkt und das Essen wird verwertet, anstatt auf dem Müll zu landen.
Gasthaus Quell
Nach der Übernahme 2004 hat Eduard Peregi penibel darauf geachtet, dass das, was das Quell ausmacht, auch erhalten bleibt. Das Gasthaus Quell verzichtet seit Anfang an auf Plastik. Konkret bedeutet das, dass auf Einsparungen beim Verpackungsmaterial aller Lieferanten geachtet wird und lokale Weine und Säfte sich nur in Mehrzweckflaschen wiederfinden.
Nachhaltigkeit wird auch in Form von Wertschätzung für die Mitarbeiter:innen und das Miteinander gelebt. Koch, Köchin, Kund:innen, Mitarbeiter:innen, Zutaten – sie alle sind Teil des großen Ganzen.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit für die unterschiedlichsten Menschen unterschiedliche Dinge bedeutet und beinhaltet. Die Sorge um die Zukunft unseres Planeten richtet den Fokus natürlich auf ökologische Nachhaltigkeit, aber die sozialen und die ökonomischen Perspektiven müssen ebenso gegeben sein, damit sich ändert, was sich ändern muss. Und damit bleiben kann, was gut ist.
Nachhaltigkeit bedeutet oft auch einfach, die Dinge so zu lassen wie sie sind. Zum Beispiel, wenn es um das Mobiliar und die Patina im Gasthaus Quell geht. Oder kein Teil eines Tieres zu verschmähen, sondern aus allem das Beste rauszuholen, wie im Haas Beisl. Und sicher auch wie beim Gasthaus Woracziczky, einfach nichts weg zu werfen. Aber am besten findet man das selbst in einem der Beisl heraus.
Felix Schellhorn
Felix Schellhorn studiert in Wien an der Universität für Angewandte Kunst und kocht im familieneigenen Seehof Goldegg. Felix ist außerdem ein Drittel der Healthy Boy Band, mit der er und seine Kollegen Lukas Mraz und Philip Rachinger die österreichische Food Szene beleben.