Menschen und Karriere 02.12.2021

Nachhaltigkeit und Beislkultur - kein Widerspruch?

Schnitzel, Käsekrainer, Tafelspitz: Wie nachhaltig schmeckt die traditionelle österreichische Küche wirklich?

Gastautor Felix Schellhorn auf nachhaltiger Beisltour

Wir schickten Spitzenkoch Felix Schellhorn auf eine Beisltour durch unsere Bundeshauptstadt mit einem besonderen Auftrag: Er soll für VREUND by VERBUND auf die Suche nach Nachhaltigkeit in klassischen Wiener Gasthäusern gehen.

Wir besuchten mit ihm drei legendäre Wiener Wirtshäuser und stießen dabei auf drei unterschiedliche Ansätze wie das Konzept der Nachhaltigkeit in der Gastronomie umgesetzt werden kann.

 

Haas Beisl Eingang und gebackenes Bries.
Felix vor dem Eingang zum Haas Beisl & Bries auf Erdäpfelsalat. (© Julian Derkits)

Haas Beisl

Seit der Übernahme 2012 kocht Spitzenkoch Christian Tischler in dem Wiener Gasthaus. Das Haas Beisl gilt als Institution, wenn man in Wien bodenständig und mit Qualitätsanspruch Innereien essen möchte. Dabei werden oft Teile vom Tier verwendet, die sonst gerne verschmäht werden.
 
Die Feinheit, mit der etwa ein Kalbsrahm Beuschel angesetzt, oder eine Kalbsleber geröstet wird, ist kulturelles Wissen, das bis heute weitergegeben wurde. Und das es braucht, um auch wirklich das ganze Tier zu respektieren und zu verkochen.

Christian Tischler
"Bei Nachhaltigkeit geht es nicht um Fleisch oder nicht, sondern um Sorgfalt."
Christian Tischler, Haas Beisl
Die Verwertung des gesamten Tieres bezeichnet man als "Nose-To-Tail". In vielen ländlichen Gebieten und auf Bauernhöfen Österreichs ist das traditioneller Standard. Und der findet auch nach und nach den Weg in die Gasthäuser der Stadt.
Schellhorn mit Wora-Wirtin Marion Jambor
Schellhorn vor dem Eingang des Gasthaus Woracziczky & gemeinsam mit Wirtin Marion Jambor. (© Julian Derkits)

Gasthaus Woracziczky

Hier findet man herausragende Wirtshausküche, die mit einer Leichtigkeit und Freude serviert wird, dass man sie schmecken kann. Das „Wora“, wie es von seinen Stammkunden liebevoll genannt wird, lebt Nachhaltigkeit zum Beispiel so, dass, wenn zu viel gekocht wurde, gerne mal die besagten Stammkunden aus der Nachbarschaft angerufen werden.

Somit werden „Care-Pakete" verschenkt und das Essen wird verwertet, anstatt auf dem Müll zu landen. 

Mario Jambor
"Wenn was übrig bleibt, dann rufen wir einfach mal bei den Stammkund:innen an und fragen ob sie Hunger haben."
Marion Jambor, Gasthaus Woracziczky
Betriebe können ihre überschüssige Ware auf der "Too Good To Go"-Plattform umweltbewussten Konsument:innen zu einem geringen Preis anbieten. Das junge dänische Unternehmen ist seit 2019 in Österreich tätig und konnte so bereits 2 Mio. Mahlzeiten vor der Entsorgung bewahren.
F. Schellhorn im Gasthaus Quell
Der Eingang des Gasthaus Quell & Schellhorns erste "Mahlzeit" im Lokal. (© Julian Derkits)

Gasthaus Quell

Nach der Übernahme 2004 hat Eduard Peregi penibel darauf geachtet, dass das, was das Quell ausmacht, auch erhalten bleibt. Das Gasthaus Quell verzichtet seit Anfang an auf Plastik. Konkret bedeutet das, dass auf Einsparungen beim Verpackungsmaterial aller Lieferanten geachtet wird und lokale Weine und Säfte sich nur in Mehrzweckflaschen wiederfinden.

Nachhaltigkeit wird auch in Form von Wertschätzung für die Mitarbeiter:innen und das Miteinander gelebt. Koch, Köchin, Kund:innen, Mitarbeiter:innen, Zutaten – sie alle sind Teil des großen Ganzen. 

Quell Logo
"Ohne gute Leute in Service und Küche und eine ebenso gute Stimmung ist jedes Gasthaus dem Untergang geweiht."
Eduard Peregi, Gasthaus Quell
Dank dem jungen Wiener Unternehmen Skoonu und ihrem innovatives Geschirr-Leihsystem kann man Essen in wiederverwendbaren Behältern aus Edelstahl abholen bzw. liefern lassen. Das Geschirr kann im Anschluss bei jedem System-Partner wieder zurückgebracht werden.
Felix Schellhorn auf nachhaltiger Beisltour

Nachhaltigkeit aus Tradition

Felix Schellhorn auf nachhaltiger Beisltour

Nachhaltigkeit aus Tradition

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit für die unterschiedlichsten Menschen unterschiedliche Dinge bedeutet und beinhaltet. Die Sorge um die Zukunft unseres Planeten richtet den Fokus natürlich auf ökologische Nachhaltigkeit, aber die sozialen und die ökonomischen Perspektiven müssen ebenso gegeben sein, damit sich ändert, was sich ändern muss. Und damit bleiben kann, was gut ist.

Nachhaltigkeit bedeutet oft auch einfach, die Dinge so zu lassen wie sie sind. Zum Beispiel, wenn es um das Mobiliar und die Patina im Gasthaus Quell geht. Oder kein Teil eines Tieres zu verschmähen, sondern aus allem das Beste rauszuholen, wie im Haas Beisl. Und sicher auch wie beim Gasthaus Woracziczky, einfach nichts weg zu werfen. Aber am besten findet man das selbst in einem der Beisl heraus. 

+++ Woracziczky und Quell bieten aktuell auch Abholung an, also gleich beim Beisl des Vertrauens anfragen, ob es die Beisl-Stimmung auch zum Mitnehmen gibt. +++
Felix Schellhorn (C: Isabella Simon)
Felix Schellhorn (© Isabella Simon)

 

Felix Schellhorn

Felix Schellhorn studiert in Wien an der Universität für Angewandte Kunst und kocht im familieneigenen Seehof Goldegg. Felix ist außerdem ein Drittel der Healthy Boy Band, mit der er und seine Kollegen Lukas Mraz und Philip Rachinger die österreichische Food Szene beleben.

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