Nachhaltigkeit und Energiewende 22.06.2021

Schnecken, Pilze und Co: Die Zukunft unserer Ernährung

Wie wird unser Essen von morgen aussehen? Wir nehmen nachhaltige Food-Konzepte unter die Lupe und sprechen mit einer Ernährungswissenschafterin.

schnecken, essen

Von Schnecken über Insekten bis hin zu pflanzlichen Fleischalternativen wie Algen oder Pilzen: Immer mehr neue Lebensmittel bereichern unseren Speiseplan. Sie versprechen nachhaltige Lösungen für die Ernährung der Zukunft. Und das ist notwendig: Denn die Produktion von Nahrungsmitteln trägt auch zum Klimawandel bei und die landwirtschaftlichen Flächen sind begrenzt. 

Videotipp: Die Wiener Schneckenmanufaktur im Porträt

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Andreas Gugumuck ist Gründer der Wiener Schneckenmanufaktur – seine Vision und sein Unternehmen im Video. © wienerschnecke

Schnecken schmecken – und schonen das Klima

„Schnecken können einen wichtigen Beitrag für die Ernährungszukunft leisten“, ist Andreas Gugumuck überzeugt. Wie das geht, zeigt er seit 2014. Damals hing er seinen Beruf in der IT an den Nagel und machte den Familienhof im Süden der Hauptstadt zur Wiener Schneckenmanufaktur. Auf einem Gemüseacker werden hier heute 200.000 Weinbergschnecken gezüchtet – ohne Chemie, mit Pflanzen aus eigenem Anbau. Die Schnecken stoßen kein Methan aus und punkten mit niedrigem Wasser- und Flächenverbrauch. Das macht sie zur klimaschonenden Alternative zu klassischen Fleischprodukten. 

Eine weitere Besonderheit am Zukunftshof Rothneusiedl ist die Future Farm. Gemeinsam mit einer interdisziplinären Gruppe von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern arbeitet Gugumuck an nachhaltigen Zugängen für unsere Ernährung. Im Future Garden – einem Schaugarten neben dem Schneckenfeld – sollen künftig neue Ansätze für die alternative Landwirtschaft erforscht werden. Wer sich selbst vor Ort ein Bild machen und die eine oder andere Schneckenspezialität verkosten möchte, ist im Hof-Bistro sowie in „Gugumucks Gartenbar“ in Rothneusiedl willkommen.

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Genuss aus dem Schneckenhaus: Andreas Gugumuck bietet seinen Gästen spannende Schneckenspezialitäten. © Wiener Schneckenmanufaktur

Schnecken und Insekten für alle?

Die Mission der Schneckenmanufaktur hält Ernährungswissenschafterin Marlies Gruber von „forum. ernährung heute“ für einen spannenden Ansatz. „Weinbergschnecken sind eines der ältesten Lebensmittel der Welt und haben in Österreich eine lange Tradition. In Wien gab es im 18. Jahrhundert sogar einen eigenen Schneckenmarkt“, sagt sie.

Zudem seien die kleinen Weichtiere nicht nur klimafreundlich, sondern – genauso wie Insekten – ein hervorragender Eiweißlieferant. Ob Schnecken und Insekten sich durchsetzen, werde sich aber erst zeigen. „Noch gibt es in unseren Breitengraden eine Barriere, sie zu essen. Auch der Preis wird sicherlich ein Knackpunkt sein“, meint Gruber. Denn Schnecken und Insekten braucht es in großer Menge, um satt zu werden.

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Kurs auf Austernseitlinge: Manuel Bornbaum und Florian Hofer haben Hut & Stiel ins Leben gerufen. © Karin Hackl Photography

Pilze als Fleischersatz

Ein weiterer Essenstrend ist sogenanntes Plant Based Food. Dabei handelt es sich um nährstoffreiche Alternativen zu tierischen Erzeugnissen. Das Wiener Start-up Hut & Stiel hat sich dabei auf ein besonderes Produkt spezialisiert: Austernseitlinge. Seit 2015 züchten die beiden Jugendfreunde Manuel Bornbaum und Florian Hofer die schmackhaften Pilze auf Kaffeesatz – einer Ressource, die im Kaffeemekka Wien beinahe unendlich verfügbar ist. 

Die zwei Oberösterreicher setzen dabei auf Regionalität. Der Kaffeesatz wird von Wiener Kaffeehäusern, Restaurants, Großküchen und Büros abgeholt – und somit vor der Mülltonne bewahrt. Hinzu kommen kurze Transportwege und enge Beziehungen mit den Lieferanten. Die Lebensmittel sollen dort produziert werden, wo sie auf dem Teller landen. Kaffee- und Pilzliebhaber:innen können dank der beiden, nun auch zuhause nachhaltig ihr eigenes Essen produzieren. Denn Hut & Stiel vertreibt auch eigene Pakete um nachhaltige Pilzzucht in die eigenen vier Wände zu holen: Einfach Kaffeesatz sammeln und mithilfe der „Pilzzucht-für-Daheim-Box“ nach sechs bis acht Wochen echte Wiener Austern(pilze) genießen.

 

 

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Kostbarer Nährboden: Pilze werden bei Hut & Stiel im Kaffeesatz angebaut. © Raffaela Schumer

Geschmack und Nährstoffe zählen

„Pilze sind aufgrund der fleischähnlichen Textur und wegen des Geschmacks als alternative Nahrungsquelle besonders geschätzt“, sagt Marlies Gruber. Generell werde Plant Based Food in der Gesellschaft zunehmend beliebter. „Statistiken gehen davon aus, dass sich aktuell bereits bis zu 10 % der Österreicherinnen und Österreicher vegetarisch ernähren – sei es aus ökologischen Gründen oder um Tiere zu schützen“, so die Ernährungsexpertin. 

Pilze liefern im Vergleich zu Gemüse auch deutlich mehr Eiweiß. Anderen pflanzlichen Lebensmitteln sind sie dahingehend unterlegen, wie zum Beispiel Algen, Soja, Getreide oder Hülsenfrüchten. „Pflanzenbasierte Ernährung heißt nicht automatisch, dass ich kein Fleisch mehr esse“, erzählt Gruber. Auch für Flexitarierinnen und Flexitarier – die nur gelegentlich Fleisch essen – spielen Fleischalternativen eine wichtige Rolle. 

Videotipp: Tipps gegen Lebensmittelverschwendung

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Lebensmittel zu retten ist die Mission von Cornelia und Andreas Diesenreiter von Unverschwendet. © Wiener Zucker

Obst und Gemüse einkochen statt wegwerfen

Ein weiterer Trend ist Food Upcycling. Dabei geht es darum, gute Lebensmittel vor dem Abfall zu bewahren. Von zu hellen Tomaten über zu kleine Birnen bis zu unförmigen Gurken – oft werden Lebensmittel den hohen Ansprüchen der Konsumentinnen und Konsumenten nicht gerecht. Laut einer Studie von WWF und dem Österreichischen Ökologie-Institut landen in Österreich jährlich rund 760.000 Tonnen Lebensmittel im Müll, der größte Teil davon in den Haushalten. Ein Drittel der Lebensmittel wird bereits bei den Produktionsunternehmen aussortiert. 

Start-ups wie Unverschwendet sagen dieser Entwicklung den Kampf an. Seit 2016 verwandeln die Geschwister Cornelia und Andreas Diesenreiter aus Oberösterreich überschüssiges Obst und Gemüse in köstliche Marmeladen, Sirupe oder Chutneys. Künftig möchten die beiden noch einen Schritt weitergehen, schildert Cornelia Diesenreiter: „Mittlerweile bekommen wir von heimischen Produktionsbetrieben rund 7.500 Tonnen Lebensmittel pro Jahr. Da wir nicht alles selbst verarbeiten können, möchten wir frisches Obst und Gemüse an andere Betriebe, Produzentinnen und Produzenten sowie die Gastronomie und soziale Einrichtungen weitervermitteln.“ 

2021 wurde leider ein trauriger Meilenstein erreicht: Über 10.000 Tonnen an überschüssigen Lebensmittel wurden dem Start-Up angeboten, leider konnten nicht alle gerettet werden. Wer dem entgegenwirken möchte kann durch Vorbestellungen mithelfen, denn die kostenintensive Vorfinanzierung der Produktion stellt eine der größten Herausforderungen des jungen Unternehmens dar. Seit 2019 arbeitet Unverschwendet zudem an einem smarten Prognosesystem, um mit Überschüssen besser umgehen zu können.

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Auch krummes Gemüse verdient eine Chance: Unverschwendet macht daraus leckere Produkte – wie Fruchtaufstriche. © Unverschwendet

Von der Schale bis zum Kern

„Entwicklungen wie Food Upcycling sind eine feine Sache. Noch dazu, wenn sich das unternehmerisch nutzen lässt“, meint Marlies Gruber zu dieser Geschäftsidee. Produkte werden dabei vom Kern bis zur Schale genutzt – so wie es noch unsere Großeltern gemacht haben. „Natürlich können Konsumentinnen und Konsumenten auch zuhause upcyclen“, meint sie. So lassen sich zum Beispiel Gemüseschalen zu Fonds verarbeiten oder aus Radieschenblättern wird ein schmackhafter Aufstrich.

Die Expertin ist sich sicher: Für die Zukunft braucht es verschiedenste, nachhaltige Ernährungskonzepte. Nicht zuletzt, um die über neun Milliarden Menschen zu ernähren, die wahrscheinlich im Jahr 2050 auf unserem Planeten leben werden. „Wichtig ist dabei, ökologische, soziale und wirtschaftliche Dimensionen zu berücksichtigen und faktenbasierte Lösungen zu bieten“, meint Gruber. „Erst dann ist Ernährung wirklich nachhaltig.“ 

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