Natur und Regionen 10.11.2020

Tiny Houses: Wie lebt es sich im Wohnwagon?

Tiny Houses werden in Österreich immer beliebter. Was macht sie so attraktiv? Die Macherin des Wohnwagons und ein Tiny House-Bewohner verraten mehr.

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Stell dir vor, du wachst auf und fühlst dich frei. Du hast nur das Nötigste bei dir – und das in unmittelbarer Nähe. Um dich herum nichts als Natur. Damit bist du nicht allein: Immer mehr Menschen in Österreich träumen von einem Tiny House. Theresa Mai vom Wohnwagon und Mario Michael Rampitsch, Minihaus-Bewohner, liefern Einblicke. 

Wohnwagon: Vorreiter für Tiny Houses in Österreich

Wörtlich übersetzt ist das Tiny House ein „winziges Haus“. Im engeren Sinn versteht man darunter die aus den USA bekannten, kleinen Häuser auf Rädern. In Österreich gilt der Wohnwagon – mit Firmensitz im niederösterreichischen Gutenstein – als Vorreiter. Begonnen hat alles 2013, als Theresa Mai mit Christian Frantal das Unternehmen gründete. Ihr Ziel war, eine Alternative zum konventionellen Wohnungsbau zu schaffen, die Kreisläufe schließt und mit natürlichen und regionalen Baustoffen arbeitet. 

Das Motto des Wohnwagons ist „Reduce to the Max“ – also weniger ist mehr. „Uns ging es darum, zu schauen: Was brauche ich wirklich für eine gute Lebensqualität? Ein Wohnraum von 200 Quadratmetern und viel Besitz machen einen nicht zwingend glücklich, sondern können sogar belastend sein“, erklärt Geschäftsführerin Theresa Mai. Bei der Entwicklung stand Nachhaltigkeit im Fokus: Der Wohnwagon besteht aus natürlichen Materialien und wird regional hergestellt. Wer möchte, kann unabhängig leben und selbst Wasser-, Strom- und Wärmekreisläufe schließen. Das funktioniert auch auf kleinem Raum.

Im Einklang mit der Natur wohnen

Ressourcen schonen, den ökologischen Fußabdruck verringern oder die Natur spüren: Beweggründe für die Reduktion des Lebensraums gibt es viele. Für Mario Michael Rampitsch, Bewohner eines selbst gebauten Tiny Houses, sind konventionelle Wohnräume nichts. Der 40-Jährige errichtete im Selbstbau mithilfe von Freundinnen und Freunden sowie von Wohnwagon sein mobiles Eigenheim. Gemeinsam mit seinem Sohn lebt er auf rund 30 Quadratmetern – zuerst in der Südoststeiermark, seit einem halben Jahr in der Südsteiermark. 

Von der Planung inklusive Bau bis zum „Auslaufen“ seines Tiny Houses „Arche“ verging ein Jahr – davon waren vier Monate reine Bauzeit. „Das Besondere am Leben im Tiny House ist, dass alles so kompakt ist. Ich habe sämtliche Ressourcen im Überblick. Hier fällt mir auch der Winter leichter, weil ich mich unmittelbar in der Natur befinde“, erzählt Rampitsch. Dank des regen Austausches mit dem Team des Wohnwagons war der Steirer gut vorbereitet und wusste, worauf zu achten ist. Im Laufe seiner Vorbereitungen war es Rampitsch besonders wichtig, unkonventionelle Lösungen zu finden.

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Leben in der Arche Nova: Mario Michael Rampitsch hat sein eigenes Tiny House gebaut. © Mario Michael Rampitsch

Mobil leben und Kosten sparen

Ein großer Vorteil des Wohnens im Tiny House ist die Autarkie: Damit ist ein unabhängiges Leben möglich. Der Wohnwagon steht auf Rädern, dadurch ist man ortsungebunden und mobil. Auch Unterhaltskosten wie etwa für die Heizung sind langfristig günstiger als in einem herkömmlichen Haus. Das reizt vor allem Menschen um die 30, die gerne Eigentum erwerben, sich aber nicht an einen fixen Ort binden möchten.

Auch immer mehr Leute, die kurz vor der Pension stehen und in einem für sie zu großen Haus leben, zieht es ins Minihaus. Preislich variieren die die Tiny Houses je nach Anbieter – die Untergrenze liegt bei rund 50.000 Euro. Der Selbstbau eines Minihauses ist hingegen bereits ab rund 12.000 Euro möglich. Wie das geht, zeigt Mario Michael Rampitsch in seinem Buch „Eine Arche bauen“.

Das gilt es beim Minihaus zu beachten

Welche Vorbereitungen muss man beim Aufstellen des Wohnwagons treffen? Baurechtlich gibt es noch keine genauen Regelungen. Erst einmal ist das Grundstück auszuwählen: „Das Praktische an unseren mobilen Häusern ist, dass sie einsatzfähig gebaut werden. Im Vorfeld werden, gemeinsam mit dem Kunden, sämtliche Vorgaben einbezogen, welche die Gemeinde beziehungsweise das örtliche Bauamt benötigt – wie etwa zu Brandschutz oder Raumhöhen“, erklärt Theresa Mai von Wohnwagon. Je nachdem, wo man stehen will, gilt es die Gemeindebestimmungen zu beachten, um eine Baugenehmigung zu erhalten.

Obwohl immer mehr Menschen auf den Geschmack von Tiny Houses kommen, stehen Bauämter dem Eigenheim auf kleinstem Raum oft noch skeptisch gegenüber. Meist haben diese noch wenig Erfahrung mit dem Haustyp – teilweise bewegt man sich hier in einer Grauzone. Bewohner Mario Michael Rampitsch sieht zudem die Herausforderung, dass es ständig etwas zu optimieren gibt. „Natürlich ist es eine Umstellung und man muss lernen, mit wenig auszukommen. Das ist ein spannender Lernprozess, der gleichzeitig abhärtet“, erklärt er. 

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Ein Hotel auf Rädern: Der Wohnwagon Karl ist ein modernes Mini-Loft in Wagram ob der Traisen in Niederösterreich. © Wohnwagon

Probewohnen im Tiny House

Wie komme ich auf kleinstem Raum klar? Worauf kann ich verzichten, worauf nicht? Der Traum vom Eigenhaus auf minimalem Raum muss durchdacht sein. Wer sich nicht sicher ist, ob das Leben im Tiny House passt, kann das beim Probewohnen im Minihaus testen. Von der ruhigen Idylle bis zum Wohnen auf dem Berg: Die Wohnwagon Hotels laden zum Ausprobieren und Wohlfühlen ein.

Weiterer Trend: Modularer Wohnbau

Neben Tiny Houses ist auch die modulare Bauweise gefragt. Dabei geht es darum, das Haus flexibel an die Wohn- und Lebenssituation anzupassen und transportfähig zu halten. Vor allem bei der Familiengründung spielt dieser Trend eine Rolle: „Immer mehr Menschen möchten sich zu ihrem Ein-Zimmer-Apartment ein Kinderzimmer dazu bauen. Ist das Kind dann erwachsen, kann das Zimmer wieder entfernt und vom Kind selbst als Wohnung verwendet werden“, so Theresa Mai. 

Viele Menschen denken, im Winter sei es in einem Tiny House kalt und nass. Das stimmt jedoch nicht: Da die Minihäuser etwas wenig Masse besitzen, kühlen sie zwar schnell aus – sie wärmen sich aber auch schnell wieder auf. Welche Heizung gewählt wird, ist individuell zu entscheiden. Die einen bevorzugen kleine Holzöfen, andere verwenden Gasöfen oder nutzen sogar eine Solarthermie-Anlage mit Verbindung zu einer Boden- oder Wandheizung. „Ich brauche im Winter kaum Holz zum Heizen, frieren muss ich trotzdem auf keinen Fall“, meint Mario Michael Rampitsch.

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Autark heizen mit Sonne und Holz: Mit dem Gesamtsystem von Wohnwagon werden Wärme und Warmwasser im Tank gespeichert. Reicht das nicht mehr, macht man einfach ein kleines Feuer. © Wohnwagon
Die Zeichen für Tiny Houses stehen gut: Viele Menschen haben genug vom stetigen Kreislauf des Arbeitens und Konsumierens und möchten sich auf das Nötigste beschränken. Dadurch gewinnt der minimalistische Lebensstil weiter an Bedeutung.
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