Diversity eine Stimme geben – in Gebärdensprache!
Technische Helfer im Ohr
Karla-Hagers Trainee-Ausbildung ermöglicht ihm eine Rotation durch das Unternehmen. An drei Stationen erhält der gelernte Elektroniker und HTL-Absolvent jeweils acht Monate lang neue Kenntnisse. Sein erster Stopp: die Operations-Abteilung bei VERBUND Trading. Hier arbeitet er im Team an diversen Projekten, Aufgaben und Prozessen. Kommuniziert wird meistens mit Gebärden. „Ich trage zwar Hörgeräte auf beiden Seiten – dadurch nehme ich aber nur Geräusche wahr, wie Folgetonhörner oder das Schreien eines Babys“, so Karla-Hager.
Seinen Chef kann der 33-Jährige damit nicht hören, genauso wenig wie zuhause seine Frau. Karla-Hager erlernte eine andere Kommunikationsmethode: Lippenlesen. So versteht der Vater einer sprechenden Tochter und eines gehörlosen Sohns rund ein Drittel des Gesagten. Seine Hörgeräte unterstützen ihn etwas dabei. Nimmt er die technischen Helfer ab, so herrscht absolute Stille. Das hat privat auch seine Vorteile: „Während Hörende durch laute Geräusche beim Schlafen gestört werden, kann mich nichts so leicht aufwecken“, erzählt Karla-Hager mit einem Schmunzeln.
Kollegen beim Vokabellernen
So wie Karla-Hager geht es zahlreichen gehörlosen Österreicherinnen und Österreichern. Insgesamt leben hierzulande rund 800.000 Menschen mit unterschiedlichen Arten von Schwerhörigkeit. Ihre Stimme wurde dennoch gehört: Seit 2005 ist die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) im Verfassungsgesetz verankert – aneignen kann man sich die Minderheitensprache unter anderem in verschiedenen Kursen. Karla-Hagers Kolleginnen und Kollegen bekamen in einem Workshop erste Grundvokabeln vermittelt. Das Nachmachen der Bewegungen stellte soweit kein Problem dar, beim Merken haperte es beim einen oder anderen aber noch ein wenig.
Karla-Hager gibt sich optimistisch: „Gebärdensprache zu lernen ist gar nicht so schwierig wie manche denken. Eigentlich ist es eine ganz normale Fremdsprache, so wie Englisch oder Französisch.“ Bestes Beispiel ist seine Tochter. Als KODA (Kids of Deaf Adults) wächst sie bilingual in der Familie auf und beherrscht Gebärdensprache und Deutsch. Auch Karla-Hagers Kolleginnen und Kollegen sind schon fleißig am „Vokabeln pauken“. Bis sie die Sprache jedoch fließend beherrschen, wird VERBUND-intern meist mittels Chatdienst oder Texteditor kommuniziert. Das ist vor allem bei schwierigen Fachbegriffen hilfreich. Stehen große Besprechungen wie Jour-Fixe-Meetings an, übersetzen Dolmetscher. Ihre Beschäftigung wird vom Bundessozialamt gefördert.
Der bunte Diversity-Mix macht’s aus
Dass VERBUND mit Karla-Hager einen kostbaren Mitarbeiter gewonnen hat, steht außer Frage. „Vielfältigkeit ist in Unternehmen – in jeglicher Hinsicht – ein wertvolles Gut, das zum langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg beiträgt“, so Diversity Managerin Andrea Martens-Horvath. Bei VERBUND ist Diversity Management gelebte Praxis: Anfang 2018 wurde das Vielfaltsmanagementsystem durch den TÜV Austria zertifiziert. Damit beweist VERBUND unter anderem einen dokumentierten nachhaltigen Gestaltungsprozess, verbindliche Zielvereinbarungen und die regelmäßige Überprüfung der Prozesse.
Im Fall von Karla-Hager trägt der Diversity-Ansatz bereits Früchte: Als Gehörloser bereichert er das Unternehmen nicht nur „sprachlich“. So laufen Besprechungen mit Dolmetscher beispielweise viel strukturierter ab – denn reden kann dann immer nur einer.
Ihr wollt mehr zum Thema Diversity erfahren? Dann schaut doch mal hier rein: Arbeiten bei VERBUND. Wer sich mehr über die Welt von Gehörlosen informieren will, empfehlen wir den Dokumentarfilm „Seeing Voices“ – auch Alexander Karla-Hagers Familie hat darin einen Auftritt.
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