Smart Living und Innovationen 12.12.2017

Energy Outlook 2017: Ein Blick in die Glaskugel

Energy Outlook 2017: Ein Blick in die Glaskugel - VERBUND

Experten unter sich – von links: Wolfgang Anzengruber VERBUND-Vorstandsvorsitzender, Wolfgang Brandstätter/Justizminister, Fatih Birol/IEA-Exekutivdirektor und Gerhard Roiss, VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzender.
Experten unter sich – von links: Wolfgang Anzengruber/VERBUND-Vorstandsvorsitzender, Wolfgang Brandstätter/Justizminister, Fatih Birol/IEA-Exekutivdirektor und Gerhard Roiss/VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzender. © VERBUND

Spannung erfüllte am 15. November die Halle des Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse. Eingerahmt von Marmorsäulen, herrlichen Fresken und Deckenmalereien fanden sich beim World Energy Outlook auf Einladung von VERBUND die Granden der Energiebranche zusammen. Wie wird die globale Energiezukunft aussehen? Ist der Klimawandel zu stoppen? Und welche Technologien versprechen Potenzial? Nach einführenden Worten von Justizminister Wolfgang Brandstätter und VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzendem Gerhard Roiss stellten sich internationale Experten den Fragen.

Fatih Birol: Erneuerbare Technologien heben ab
Alle Augen waren zunächst auf einen Mann gerichtet: Fatih Birol. Der Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA) der OECD präsentierte die Ergebnisse des World Energy Outlook 2017. Der Bericht ist satte 800 Seiten stark und feiert heuer sein 40-jähriges Jubiläum. Laut Birol ist die Energiezukunft von vier zentralen Trends bestimmt. Erstens ist die USA dabei, zum führenden Öl- und Gasexporteur zu werden. Zweitens entwickelt sich Solarenergie in vielen Ländern zur günstigsten Technologie für Stromerzeugung. Drittens hat China der Luftverschmutzung den Kampf angesagt und strebt unter dem Motto „Make the Sky Blue again“ eine Energiewende an. Und viertens wird die Elektrifizierung durch E-Autos und die Digitalisierung stärker vorangetrieben.

„Bewegt sich China, verändert sich die Welt“, davon ist der aus Ankara stammende Energiewirtschaftsexperte Birol überzeugt. Aktuell sei China zum Beispiel der größte Abnehmer von Elektroautos. Von diesen sind weltweit aktuell zwei Millionen im Einsatz, 2040 sollen es laut Birol fast 300 Millionen Stück sein. Doch der Klimawandel könne allein durch E-Fahrzeuge nicht aufgehalten werden. Denn die Nachfrage nach fossilen Treibstoffen werde bei LKWs, im Luft- und Seeverkehr sowie in der petrochemischen Industrie weiter ansteigen. Birol, der sein Studium an der Technischen Universität Wien absolvierte, blickt dennoch optimistisch in die Zukunft: „100 Prozent erneuerbare Energien weltweit sind möglich. Die Frage ist nur, wie schnell es uns gelingt.“


VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzender Gerhard Roiss begrüßt die Gäste bei der Anmoderation.
„Wir sind sehr stolz, so viele namhafte Experten beim Energy Outlook in Wien zu Gast haben. Nur der internationale Austausch kann den Siegeszug erneuerbarer Energien zügig vorantreiben“, Gerhard Roiss/VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzender. © VERBUND

David Hochschild: Sonnenschein in Kalifornien
Höchst erfreuliche Nachrichten kamen an diesem Vormittag aus einem ganz anderen Teil der Welt. David Hochschild, Leiter der California Energy Commission, präsentierte unter dem Titel „Sunrise from the West“ Erfolge aus seiner Heimat. Schon heute macht in Kalifornien der Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromproduktion ein Fünftel aus – das bedeutet die Führung im Ranking der US-Staaten. Bis 2035 soll dieser Wert auf die Hälfte ansteigen. An beeindruckenden Vorzeigeprojekten mangelt es dem sonnenreichen Fleckchen Erde an der Westküste der Vereinigten Staaten nicht.

In der Nähe von Las Vegas versorgt zum Beispiel das Solarturmkraftwerk Ivanpah 140.000 Haushalte mit sauberem Sonnenstrom. Mehr als 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen bei Tesla Elektromobilität auf die Überholspur. Darüber hinaus stehen Vorhaben wie ein gewaltiger Offshore-Windpark bereits in der Pipeline. „Wir können den Klimawandel stoppen“, ist sich Hochschild sicher und wagt einen interessanten Vergleich. „Auch beim Rauchen konnte sich bis vor kurzem niemand einen globalen Sinneswandel vorstellen – bei erneuerbaren Energien wird es ähnlich sein.“

Wolfgang Anzengruber: Österreich setzt auf Wasserkraft
Von diesen positiven Eindrücken zeigt sich auch einer der Gastgeber des Energy Outlooks in der nachfolgenden Diskussion sehr angetan. Für den VERBUND-Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Anzengruber sind erneuerbare Energien der einzige Weg in eine saubere Zukunft. Doch spielt Europa auf dieser Reise überhaupt eine tragende Rolle? „Wir müssen uns klar auf unsere Stärken besinnen“, meint Anzengruber. „In Österreich sind das vor allem unsere reichen Wasserressourcen und unser jahrzehntelanges Know-how bei Wasserkraftwerken.“

Schon heute produziert VERBUND gut 98 % seiner Energie aus erneuerbaren Quellen. Bis 2020 sollen es 100 % sein. Pumpspeicherkraftwerke wie das Mammutprojekt Reißeck II können die gleichzeitige Stromerzeugung aus etwa 200 Windkraftanlagen aufnehmen und speichern – die Alpenrepublik wird dadurch zur grünen Batterie Europas. Darüber hinaus setzt Anzengruber vor allem auf die nächste Generation: „Es ist bei den jungen Leuten ein ganz anderes Bewusstsein da. Das sieht man bereits daran, wie wenige heute noch ein eigenes Auto brauchen.“

George Crabtree: Stromspeicher als Gamechanger
Das Finale des Events galt einer Schlüsseltechnologie im Energiesystem von morgen: Stromspeichern. Aufschluss darüber gab George Crabtree, Direktor des Joint Center for Energy Storage Research im US Energie-Department. Er sieht Speicher aus vielerlei Gründen als Gamechanger-Technologie für die Energiezukunft. Erstens, weil sie helfen, die Schwankungen in einem grünen Stromnetz zu stabilisieren. Zweitens, weil sie entscheidend den Erfolg der Elektromobilität vorantreiben. Und drittens, weil sie den Eigennutzungsgrad von Photovoltaikanlagen verbessern und die dezentrale Stromerzeugung fördern.

„Dazu brauchen wir aber sichere, schnell ladbare und vor allem billigere Technologien“, so Crabtree. Aus Sicht des Fachmanns ist hier die Grundlagenforschung stark gefragt, wie sie in seiner Einrichtung betrieben wird. Bei der anschließenden Experten-Diskussion kam es nochmal zum Aufruf für mehr Innovation – dann könne es ganz schnell gehen. „Schließlich war auch der Erfolg des Smartphones binnen zehn Jahren nicht vorherzusehen“, hält Crabtree fest.


VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzender Gerhard Roiss, Moderatorin Gabrielle Walker und Fatih Birol beim Gespräch auf der Bühne.
Beim Gespräch mit VERBUND-Aufsichtsratsvorsitzendem Gerhard Roiss (links) und Moderatorin Gabrielle Walker glänzte Fatih Birol auch mit Anekdoten: In seiner Studienzeit in Wien verdiente er sich sein Geld mit Schneeschippen. © VERBUND

Voller neuer Eindrücke und vor allem voller Zuversicht ging der Blick in die Energiezukunft an diesem Tag zu Ende. Ihr wollt euch alle Einzelheiten im Detail zu Gemüte führen? Dann setzt eure Lesebrille auf und schmökert im World Energy Outlook 2017.

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