Energiekonferenz Energy2050: Tag 2
Stefan Moser, Europäische Kommission
Stefan Moser ist Abteilungsleiter für Versorgungssicherheit in der DG Energie der Europäischen Kommission. Er eröffnet als Erstredner den zweiten Tag und stellt gleich klar, wie sehr die Bedeutung von Strom im Energiesystem steigen wird. „Wir brauchen eine neue Art, Preise zu bestimmen“, so Moser. Es geht beim Marktdesign einerseits um schnelle Reaktion auf volatile Erneuerbare. Ziel ist es, den Markt fit für die Erneuerbaren zu machen- und umgekehrt. Ziel der Kommission ist es auch, dass die EU-Mitgliedsstaaten weg von nationalen Kapazitäts-Reserven gebracht werden, um das System effizienter zu gestalten.Bei der verbesserten Flexibilität des Systems haben Konsumenten eine besondere Rolle und sich als aktiver Teil des Systems verstehen.
Jost Ahrens, OMV AG
Jost Ahrens ist Senior Vice President Corporate Strategy bei OMV und beschäftigte sich in seinem Vortrag damit, wie die europäische Industrie auf die weltweiten Energietrends reagiert. Die wesentlichen Trends aus Sicht der OMV: Peak Oil ist weltweit noch nicht in Sicht. Für Europa zeigt sich hingegen eine Abnahme bis 2030, wenn auch mit starken regionalen Unterschieden. Vor dem Hintergrund von Wettbewerbsdruck wird es weitere Schließung von Raffinerien geben. Zu erwarten ist mittelfristig eine Reduktion um bis zu 100 Mio. Tonnen an Produktionskapazität. Signifikant steigen wird der Gasbedarf. LNG wird derzeit als nicht marktfähig eingeschätzt. Ernüchterung für die Optimisten im Publikum: Die Elektromobilität sieht der OMV-Stratege bis 2030 bei lediglich 20%.Robert Hardt, next47
Next47 operiert als Partner der Siemens AG bei der Entwicklung und Finanzierung innovativer Geschäftsmöglichkeiten. „Technologie ist plötzlich verfügbar für Player, die vor einigen Jahren noch nicht am Markt präsent waren“, so der neue Trend. Damit ist auch schnelles Wachstum und eine breitere Angebotspalette möglich. Firmen, die über Startups wachsen, nennt er „Einhorn“-Firmen. Die Kombination von Technik und Kapital treibt die Innovation solcher Firmen. Darunter gibt es Firmen, die 10 Jahre oder länger keinen Profit sehen, aber trotzdem eines Tages den Markt dominieren (oder fallweise wieder verschwinden). Große Unternehmen kaufen die Innovation zu, weil sie schneller ist als die eigene Entwicklungsabteilung.Klaus-Dieter Maubach, TU Clausthal
Prof. Maubach referiert über die dringendsten Aufgaben, Schritte und Forderungen für das Gelingen der Energiezukunft in Europa und Österreich. Dabei greift er vor allem die Chancen auf, die jenseits aller Probleme der Energiebranche winken.Europa: Die europäische Energiepolitik könnte besser sein, wie Maubach an den Beispielen Gaspipeline und Phasenschieber-Transformator illustriert.
Deutschland ist Europas größter Markt mit den weitreichendsten nationalen Entscheidungen (zB Ausstieg aus der Kernenergie) hat eine besondere Rolle. Der permanente Eingriff in den liberalisierten Markt und der feste Plan für Maßnahmen gegen den Klimawandel sind einzigartig.
Windenergie ist in manchen Ländern schon bei den variablen Kosten fossiler Kraftwerke angelangt. Die Energiewende ist Realität und unumkehrbar.
Märkte und Regulierung: Nachfrage nach Erzeugungskapazität entsteht dann, wenn Stromlieferanten die volle Verantwortung für die Versorgungssicherheit der Endkunden übernehmen müssten. Dann entstünden echte Kapazitätsmärkte, ist Prof. Maubach überzeugt. Die Netzwelt wird sich ändern und damit die Verteilung der Kosten. Konsumenten werden nicht länger den Ausbaubedarf der Erzeuger zahlen.
Franz Kainersdorfer, voestalpine AG
Die Voest ist mit 12 Mio. Tonnen CO2 sicher der größte Einzelemittent in Österreich. Es gibt derzeit kein „global level playing field“ für Emissionszertifikate, so Vorstandsdirektor Kainersdorfer. Dennoch gilt es, die Emissionen zu reduzieren, um die Klimaschutzziele zu erreichen. 5% der EU-weiten Emissionen stammen alleine aus der Stahlindustrie. Daher macht es Sinn, so Kainersdorfer, Schritt für Schritt zu reduzieren und nicht zu forsch vorzugehen. Regionaler Technologieeinsatz führt dazu, dass je nach Rohstoffangebot bereits Kohle ersetzt wird. Der nächste Schritt ist der Einsatz von grünem Wasserstoff.Führendes Forschungsprojekt ist hier die #h2future PEM-Anlage in Linz, ein Kooperationsprojekt mit VERBUND und Siemens. Preislich führt die vollregenerative Umstellung zu einer Verdoppelung der Herstellkosten. Dennoch, so ist Kainersdorfer überzeugt, wird die Transformation der Voestalpine hin zu Erneuerbaren ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende.
Dirk Arnold, Leitung Produktmanagement BMWi
Die Zukunft der Mobilität wird elektrifiziert, verbunden, autonom und geteilt. Arnold: „Wir haben 2006 mit einem weißen Blatt Papier angefangen und nachgedacht, wie baut man ein Elektroauto?“ Mobilität ist unendlich- die Fahrer sind gewöhnt, mit wenig Aufwand praktisch unbegrenzte Reichweite zu genießen. Beim Strom-Auto ändert sich das.Der BMWi3 ist mittlerweile auf optimale CO2-Bilanz von der Herstellung bis zum Antrieb ausgerichtet. „Das ist die eigentliche Idee des Elektroautos“, so Arnold. BMW ist derzeit in Europa führend bei der Vielfalt der elektrifizierten Autotypen. 2021 soll der BMWi NEXT vorgestellt werden, bis 2025 sollen 25 neue elektrifizierte Fahrzeuge in der Flotte kommen.
Die häufigste Frage ist das Tankstellensystem: hier bietet BMW von der Wallbox bis zum Grünstromverbrauch das volle Programm, so Arnold. Dennoch ist das mangelnde Vertrauen der Kunden noch der größte Hemmschuh beim Umstieg auf Elektroautos. Infrastruktur, Nutzen und Angebote.
Michaela Killian, TU Wien
Smarte Gebäudeautomatisierung und ein Regelungskonzept für das Haus der Zukunft ist das Forschungsobjekt von Dr. Michaela Killian, Resselpreisträgerin 2016, von der TU Wien. Ausgehend davon, dass der Gebäudesektor einen Großteil der Gesamtenergie eines Landes verbraucht (EU: 40%), entwickelt sie komplexe Gebäudeautomatisierungen. Kontroverse Optimierungsziele sind zu vereinen. Prädiktives Regeln heißt nichts anderes, als dass das Regelsystem Vorhersagen aus dem Wetterbericht und anderen Quellen verwendet, um den Energieverbrauch für die Raumtemperatur zu planen. Das System erkennt natürlich auch über Bewegungsmelder, ob das Haus gerade benutzt wird oder nicht. Wo die Automatik Hilfe braucht, bekommt sie die vom User per Smart-Phone-App. Ziel ist aber die selbstlernende Automatisierung, die sich von selbst auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichtet.Harald Loos, Head of Corporate Technology Research in Digitalization and Automation, Siemens AG
Harald Loos entführt in den neu entstehenden Wiener Stadtteil Seestadt Aspern, in dem 20.000 Einwohner Platz finden soll. Ein Drittel ist fertig und das Projekt ist von der Plan-Skizze weg ein smartes Projekt. Die Aspern Smart City Research GmbH www.ascr.at bündelt das Forschungsprogramm. Smarte Gebäude, Energie, Netze und Informationstechnologie in einem „Forschungsbett“ sind weltweit einzigartig. Essenziell ist der Datenaustausch, zB zwischen Gebäude und Netz. Intensiv war auch die Beschäftigung mit dem Thema Datensicherheit und Datenschutz.Ewald Hesse, GridSingularity
Ewald Hesse spricht heute auch als Vice President für die Energy Web Foundation http://energyweb.org/what-we-do/ Es geht dabei darum, eine Plattform zu entwickeln, auf der Transaktionen im Energiebereich sicher, transparent und schnell abzuwickeln. Blockchain ist die Antwort, wird aber die traditionellen Energieunternehmen massiv unter Druck bringen. Das Internet an sich hat zwar das Problem der Distanz zwischen Marktteilnehmern beseitigt, aber das Problem der Datensicherheit aufgeworfen. Die Blockchain-Technologie beseitigt dieses Problem und ermöglicht den Austausch eindeutiger Daten. Datenhandel gibt es somit nicht. Blockchain ist einen Gegenangebot zu Datenkraken, so Ewald Hesse.Energieunternehmen haben etwa 5-7 Jahre Zeit, IT-Unternehmen zu werden. „Haben Sie einen Digitalisierungsstrategie?“ fragt Ewald Hesse in den Raum und setzt nach: „Dann muss man auch denken wie ein IT-Unternehmen“, also schnell und risikoaffin.
Glenn Gonzalez, SAP Austria
Bei Digital Transformation spricht Glenn Gonzalez gerne von “Emma”. Emma steht sinnbildlich für die Kunden, die mobil und online unterwegs sind. „Emma“ kauft keine CDs, sie streamt, fährt mit Uber und kommt durch den Tag ohne direkte Kommunikation, Papier oder Telefon. Dafür erwarten sie jederzeitige Verfügbarkeit. Die Konsumgüter kommunizieren mit Lieferant und Hersteller und ein smartes Interface erfüllt die Kundenwünsche schon im Voraus. „Sie brauchen dahinter einen Business Prozess, der das erfüllt“, leitet Gonzalez zu Angeboten von SAP über.Innovation Challenge
Höhepunkt des Tages war die Preisübergabe an die Gewinner der Innovation Challenge. Die drei Siegerteams aus Spanien, England und Österreichs konnten im Rahmen der energy2050 ihre Unternehmen präsentieren und erhielten ein Preisgeld in der Höhe von 8.000 Euro. „Mit der Innovation Challenge 2017 suchte VERBUND während des Sommers nach innovativen Lösungen zu drei unterschiedliche energiewirtschaftlichen Aufgabenstellungen“, so CEO Wolfgang Anzengruber. „Unsere Teams aus den Bereichen Stromerzeugung, Übertragung und Verbraucher-Lösungen haben relevante Fragestellungen, echte „Needs“ identifiziert und die internationale Forschungs-Community zur Lösungsfindung aufgerufen.“
Die Präsentation der Preisträger war innovativ wie deren Lösungsansätze: die Improtheatergruppe TheatreWorks www.theatreworks.at erarbeitete mit dem Publikum gemeinsam den Einstieg in die thematische Aufgabenstellung der jeweiligen Challenges.
Den Gewinnern: https://www.verbund.com/de-at/ueber-verbund/news-presse/presse/2017/09/28/energy2050-innovation-challenge-sieger