Natur und Regionen 25.09.2015

energy2050: Am Marktplatz Energiezukunft: Was wollen Kunden, was kann die Branche?

Live vom Tag 3 der energy2050 - VERBUND

Tag 3 gehört der europäischen Perspektive

09:00 Keynote von Konstantin Staschus (Generalsekretär, ENTSO-E) "Wie gestaltet die die EU ihren Marktplatz für die Zukunft?"

www.entsoe.eu ist ein Verband von 41 Übertragungsnetzbetreiber aus 34 Ländern in Europa
Die Aufgabe könnte umfassender nicht sein: Netzplanung für den Kontinent und die Erstelliung detaillierter Regeln für die Zusammenarbeit der Netze in Europa. Derzeit liegt im Arbeitsordner von ENTSO-E die Stellungnahme zum „Sommerpaket“ der EU-Kommission.

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Die Philosophie der ENTSO-E Netzcodes lautet: Markt und Wettbewerb (auch wenn regulierte Netze nicht im Wettbewerb stehen) über die Grenzen der nationalen Strommärkte hinaus. Das Ziel wurde in den letzten Jahren nachgeschärft: Mehr Markt und Unterstützung der Dekarbonisierung, ohne aber den Wettbewerb zu beeinträchtigen.

Staschus stellt ein Gedankenexperiment an: wenn jeder Haushaltskunde im Großhandel wäre und Preisschwankungen von mehreren tausend Euro ausgesetzt ist, würde der Kunde sich durch langfristige Verträge absichern. Großkunden tun dies bereits, aber so lange die Erneuerbaren Energien nicht ausreichend integriert sind, braucht es Regulative. Noch funktioniert der Markt nicht, so Konstantin Staschus. Erreicht hat der gemeinsame Strommarkt einen effizienteren Einsatz bestehender Kraftwerke. Was fehlt, ist die verbesserte Steuerung der Kraftwerksinvestitionen. Die Beobachtung dieser Entwicklung ist eine wichtige strategische Aufgabe der ENTSO-E, wobei die Methodik der Prognose laufend verbssert wird. Leistung muss in Zukunft nicht nur ausreichend vorhanden sein, sondern wird an ihrer Flexibilität beurteilt.

09:30 energyLAB2050: So würde die nächste Generation den Marktplatz Energiezukunft gestalten

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Im Vorfeld der energy2050-Konferenz erarbeiten 30 "High Potentials" aus der Energiebranche, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, Antworten auf die Frage: Was wollen die Kunden, was kann die Branche? Und was kann die Politik dazu beitragen? Die bunt gemischter Arbeitsgruppe aus VERBUND-Mitarbeitern und Experten vereinte im vergangen Halbjahr aktuelle Fragestellungen und Visionen zum Energiemarktplatz der Zukunft zusammen. Das Resultat wird heute präsentiert. Eingedampft in einen kurzen Videoclip sieht das Projekt-Resultat so aus: 

 

11:00 Case Study "Running up the down escalator- Vom Umgang mit einer wirklich disruptiven Entwicklung"

Horst Pirker (Vorsitzender der Geschäftsführung,  Verlagsgruppe News Gesellschaft m. b. H.)

Horst Pirker ist Manager, Forscher und Lehrender im Medienwesen. Er betont die Chancen der Digitalisierung. Die Medienbranche ist schon lange auf dem Weg, zu dem die Energiewirtschaft erst aufbricht. Gegen eine Rolltreppe anzulaufen, wie es der Titel andeutet, bedarf großer Anstrengung. „Medium“ kommt von Mitte- also von der strategischen Relevanz, sich in der Mitte zu befinden, so Pirker. Klassische Medien waren arbeitsteilig: Print, TV und Radio funktionierten isoliert jedes für sich. Digitale Medien räumen mit dieser Unterscheidung auf. Social Media stoßen hier nochmals nach und wirbeln die Branche durcheinander. Inhalte kommen nun von den Usern, ob professionell (wie hier im Blog) oder von Amateuren. Auch hier eine deutliche Parallele zur Energiewirtschaft: auch in der Medienlandschaft wird der Konsument zum Produzent, zum Prosumer. Die politische Implikation ist eine Demokratisierung der Inhalte.
(Neue) Medien erfreuen sich hoher Beliebtheit, Kerntreiber ist die Eitelkeit, so Pirker.
Übrigens: Hätte die Medienbranche aufgepasst und sich an der Musikindustrie orientiert, wären wir heute weiter, ist Pirker überzeugt und freut sich, dass die E-Wirtschaft hier wachsamer zu sein scheint als seine eigene Branche.
Desintegration: der Inhalt löst sich von einer festen Plattform. Die Plattform Papier funktioniert anders und unabhängig von den Online-Auftritten einer Zeitung. Jedes Unternehmen ist mit einem Teil seiner Identität auch Medienunternehmen, erinnert Pirker.  Strategisch gesehen fasziniert Pirker am meisten das Konzept von Eco-Systemen: Zusammenspiel verschiedener Mittel und Wege zu einem gemeinsamen Erlösziel, wie es Apple vorzeigt.

11:30 Elevator-Pitch-Talk Marktplatz-Analyse: Erkenntnisse für die Energiebranche

Michael Frank (Direktor Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen), Barbara Schmidt (Generalsekretärin, Oesterreichs Energie), Hans ten Berge (Geschäftsführung, EURELECTRIC) und Michael Wunnerlich (Mitglied der Geschäftsführung und Geschäftsführer BDEW-Vertretung bei der EU, BDEW e.V.) diskutieren.

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Michael Frank: Wir versuchen uns als Verband von einer reinen Strom-Betrachtung zu einer Gesamt-Energiebetrachtung zu entwickeln. Die Regulierungsbehörden bewegen sich aber noch ausschließlich in ihren jeweiligen „Silos“, lautet seine Kritik. Weniger Regulierung wäre sein Ansatz. Es hat auch keinen Sinn, das Rad zurückzudrehen und die Augen vor Digitalisierung und Energiewende zu verschließen. Daher wird die Schweiz auch keine weiteren Atomkraftwerke mehr bauen bzw. alte Reaktoren ersetzen. Die zu erwartende Lücke kann nur Import oder Gaskraftwerke heißen, denn die Schweiz ist weder ein Windland noch ein Sonnenstaat.

Barbara Schmid: Ein starkes Statement symbolisiert sich im neuen Namen des Interessensverbandes: „Österreichs Energie“ ist mehr. „Wir wollen als Verband der zentrale Ansprechpartner für die Politik bleiben“, so Schmid. Innovationen im Energiebereich wäre das Ziel der Effizienzgesetzgebung, doch blöde Lösungen vergrämen die Kunden und beschädigt das derzeit noch recht hohe Vertrauen in die Branche. Nicht mehr oder weniger, sondern klügere Regulierung tot Not.
Zum beherrschenden Thema der letzten Tage, dem Preiszonen-Splitting zwischen Deutschland und Österreich sagt Schmid klar: das Grundproblem ist ein Innerdeutsches. Ein mögliches Splitting würde den einzigen funktionierenden Markt auftrennen.

Michael Wunnerlich: Unser zentrales Thema ist die Digitalisierung, darum ist der BDEW auch mit in der Plattform Industrie 4.0 der deutschen Bundesregierung. Zur Regulierung findet er klare Worte, denn über 40% der Haushalts-Ausgaben eines deutschen Stromkunden sind bereits Regulierungskosten. Die europäische und grenzüberschreitende Regulierung wäre entscheidend, so Wunnerlich und wehrt sich gegen eine pauschale Ablehnung von Subventionen. Die KWK-Förderung in Deutschland sieht er als „Versicherungsprämie“ für die Stromversorgung.

Hans ten Berge: Dekarbonisierung in einem freien Markt ist das gemeinsame Ziel- die Frage ist nur das Wie. Eurelectric bündelt „den größten Sack Flöhe“ (Moderator Frischenschlager) und über 100 Unternehmen aus der Energiebranche. Die Vielfalt der nationalstaatlichen Energieaufbringung sieht ten Berge nicht als Nachteil, sondern als großen Vorteil für ein vereinigtes Europa. Aber: Alles ist reguliert und subventioniert, niemand denkt an den Kunden, so Hans ten Berge. Statt einem Wust an Förderungen wäre das Geld besser in einem höheren Emissionspreis für CO2 eingesetzt- das würde Erneuerbare automatisch für den Markt attraktiv machen- ohne Outputförderung.