energy2050: Am Marktplatz Energiezukunft: Was wollen Kunden, was kann die Branche?
Tag 1: Markt und Marktdesign der Zukunft
13:00 Eröffnung mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Wolfgang Anzengruber
Wolfgang Anzengruber, Vorstandsvorsitzender von VERBUND, eröffnet die 7. Energiekonferenz in Fuschl zum Thema „Was wollen die Kunden, was kann die Branche“. Dabei erinnert er auch an den kommenden Klimagipfel von Paris. Die Herausforderungen sind anspruchsvoller denn je und vielfältig. Es brauch, so die EU-Kommission, einen „New Deal“ in der Energiewirtschaft. Klimaschutz ist Priorität, Marktwirtschaft die Handlungsprämisse, so Wolfgang Anzengruber. „Entweder wir schaffen es als Branche- oder es machen die anderen“, wie wir am Donnerstag bei der Vorstellung junger Start-up-Unternehmen aus der Energiebranche sehen werden.
Wir brauchen eine integrierte Klimapolitik auf allen Ebenen- auf europäischer wie auf österreichischer Ebene. Dabei, so Anzengruber, dürfen wir auf die Wasserkraft als österreichisches Asset nicht vergessen. Lassen Sie uns gemeinsam an einem New Deal der Energiewirtschaft arbeiten, so Anzengruber abschließend.
Landeshauptmann Wilfried Haslauer begrüßt als Vertreter des freundlichen und herrlich verregneten Gastgeber-Bundeslandes- womit wir wieder bei der Wasserkraft wären. Hier schlägt das Herz des Landeshauptmanns eindeutig für diese Form der Erneuerbaren Energie, auch wenn er sich der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewusst ist. Sein Vergleich ist plastisch (für die ältere Generation): so wie es früher Viertel- und Vollanschlüsse beim Telefon gab, so gab es Stromanbieter und Konsumenten. So wie heute ein Mobiltelefon mit vielen Funktionen selbstverständlich ist, werden es beim Strom Prosumer sein, die und verbrauchen und im Austausch stehen. Mit den ambitionierten Zielen zum Salzburger Masterplan Klima2020 wünscht Landeshauptmann Haslauer allen Teilnehmern eine erfolgreiche Veranstaltung.
Christian Schönbauer, Sektionschef im Wirtschaftsministerium für den Sektor Energie, vertritt Bundesminister Reinhold Mitterlehner. Als Bedingungen für den erfolgreichen Wandel nennt er Anpassungen von Geschäftsmodellen und öffentliche Akzeptanz- und eine europaweite Lösung. Schönbauer erinnert in seinen Grußworten an die drei Ziele der Energiepolitik: Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit.
13:30 Keynote mit Christoph Frei "Internationaler Energiemarktplatz: Status Quo und Perspektiven"
Der Generalsekretär des World Energy Councils eröffnet den Reigen der Vortragenden mit einem Überblick über die Herausforderungen der Energiebranche weltweit. Energieerzeugung für 35% der CO2-Emissionen zuständig. Der Themenmonitor des WEC umfasst ca. 900 Themen und wird geclustert und Szenarien zugeordnet. Befragt wurden 1000 internationale Entscheidungsträger mit der Frage „Was lässt die Entscheidungsträger nachts nicht schlafen?“ Es sind Klimawandel und Speichermöglichkeiten, wobei letzteres bereits übertrifft. Commodity Preise liegen dahinter.
Nachzulesen ist dies im WEC Issue Monitoring http://to.verbund.com/1xxVI7e
„Wir haben gewaltige Herausforderungen. Regulative Marktdesigntransformation, Dekarbonisierung und resiliente Infrastruktur“, so Christoph Frei.
14:00 Keynote mit Oliver Koch "Marktplatz Europa: Status Quo, Trends und Perspektiven"
Oliver Koch als Deputy Head of Unit in the Market Unit of the Commission´s Energy Directorate-General und aus der Generaldirektion Energie mit dem Spezialgebiet Energiebinnenmarkt kommt Lob für den Gastgeber: „Österreich ist ein Musterschüler im Binnenmarkt“. Die Energieunion ist ein populäres Projekt, steht aber vor Herausforderungen. Die besorgniserregende Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten (bei Gas, Anm.) bietet ungeahnten politischen Sprengstoff, so Koch. Binnenmarktpolitik ist schwierig, denn Strom hält sich nicht an Grenzen. Zentrale Grundlastkraftwerke werden zunehmend durch Erneuerbare ersetzt. Die nötige Flexibilität funktioniert nur in Integration mit dem jeweiligen Nachbarn, nicht im nationalen Alleingang, erläutert Koch. Die Dekarbonisierung bei gleichzeitiger Etablierung des Binnenmarktes war eine besondere Herausforderung, denn durch Subventionen von Erneuerbaren Energien kam es zu Marktverzerrungen. „Ebenso werden wir noch lange in einer Welt leben, in der ein Teil der Mitgliedsstatten an der Kernkraft festhält“, ist Koch realistisch. Die Entfernung vom Markt kann aber keine Lösung sein. Unter Verweis auf die heutige ACER-Empfehlung zur Marktauftrennung von Österreich und Deutschland analysiert Koch: „Nichts hat mehr Verteilungseffekte als technische Regeln“.
Helfen Sie mit die europäische Energiepolitik europäisch zu denken, so Koch zum Abschluss.
15:00 Elevator-Pitch-Talk "Marktdesign und Versorgungssicherheit - welche Spielregeln braucht der europäische Energiebinnenmarkt?"
Am Podium Platz genommen haben neben Oliver Koch nun auch Rainer Baake, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aus Deutschland, Christian Schönbauer vom Wirtschaftsministerium und Walter Boltz, Leiter der E-Control.
Ambitionierte Herausforderungen liegen vor uns. So locker ist das Szenario zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen nicht darstellbar, so Schönbauer. Walter Boltz erinnert dabei daran, dass es unterschiedliche Fortschritte in den EU-Mitgliedsstaaten gibt, zB völlig unterschiedliche Fotovoltaik-Vergütungen in Europa. Viele Widersprüche und etwa ein Drittel des investierten Geldes sei verschwendet, so Boltz. „Im Bereich Effizienz ist kaum etwas geschafft.“
Oliver Koch von der EU-Generaldirektion Energie warnt vor der Illusion eines Strombinnenmarktes mit dem Instrument einer Zielvorgabe. Der Warenbinnenmarkt wurde auch nicht über Ziel-Zahlen organisiert. Der Durchbruch für den Waren-Binnenmarkt in den 1980ern war eine Unzahl von Barrieren zwischen den Staaten und wo es nötig war, gab es Mehrheitsentscheidungen von Mitgliedsstaaten. „Ich fürchte, das ist eine Methode, ohne die wir nicht zu einem Markt kommen, so Koch.
Wir haben nicht zu wenig, sondern zu viel Strom, so Walter Boltz und vertraut auf den Markt, der bei entsprechendem Preis wieder Investitionen begünstigen wird.
Rainer Baake zum Tages-Thema Preiszonen befragt, vertritt die Position der deutschen Bundesregierung. Das bedeutet Leitungsausbau und Abbau von Barrieren. Die aktuelle Diskussion ist nicht gegen dieses Bemühen gerichtet, warnt Baake vor Fehlinterpretationen. Durch die Veränderung des Kraftwerksparks in Deutschland wird Strom im Norden produziert und mehr in den Süden gehandelt, als Leitungskapazität zur Verfügung steht. Zur Empfehlung von ACER möchte Baake noch keine Position beziehen, sondern weiter den Dialog mit den Nachbarn suchen. Walter Boltz erläutert die Position von ACER als Resultat eines längeren Diskussionsprozesses unter Netzbetreibern. Es gibt Alternativen zur Auftrennung von Preiszonen, beruhigt Boltz. Die Frage, wo welche Preiszonen sind, wird europaweit neu diskutiert. Es gibt nur zwei Staatsgrenzen in Europa, an denen es keienn Engpass gibt: zwischen Deutschland und Luxemburg und zwischen Deutschland und Österreich. Überall sonst herrscht Knappheit an Leitungskapazität- und die Mitgliedsstaaten haben gelernt, damit zu leben.
Im europäischen Binnenmarkt wird die Energiewende gelingen, wenn die Spielregeln harmonisiert werden, so Staatssekretär Rainer Baake optimistisch.
In Diplomatie kaum zu überbieten ist die Formulierung von Christian Schönbauer, Sektionschef im Wirtschaftsministerium. Die Suche nach dem „vernünftigen Optimum“ sein nun vordringlich. Oliver Koch erinnert, dass Preiszonen nicht Marktzonen seien. Flexible Märkte sollten Energie belohnen, wenn sie zeitgerecht zur Verfügung stehen. Preiszonen sollen nicht künstlich eine tatsächliche Verknappung verschleiern. Was aber nicht angeht, ist, wenn ein Land seine Grenzen abschottet, im interne Probleme zu lösen – und erläutert dies mit dem Beispiel Butter. Um Preiseffekte innerhalb eines Landes zu verhindern, ist es EU-rechtswidrig, Grenzen abzuschotten- dies will Koch aber nicht als Kommentar auf die aktuelle Debatte missverstanden wissen. (Das Auditorium schmunzelt)
16:00 Elevator-Pitch-Talk "Marktdesign und Versorgungssicherheit - welche Spielregeln brauchen die Marktteilnehmer?"
In der zweiten Runde diskutieren nun Gastgeber Wolfgang Anzengruber mit Walter Boltz (E-Control), Wolfgang Hesoun (Siemens AG Österreich), Fred Jung (juwi AG) und Rudolf Zrost (Industriellenvereinigung Salzburg).
Die Moderation drängt auf Zeitdisziplin und Wolfgang Anzengruber hält sich eisern daran: Effizienz werden wir ohne Einbindung des Kunden nicht schaffen. Fred Jung (juwi) darauf: In Deutschland ist die Energiewende ein Projekt der Bürger und nicht der Industrie. Rudolf Zrost, Präsident der Salzburger Industriellenvereinigung und Zementindustrieller, pocht als (Groß)Kunde auf die Versorgungssicherheit. Wolfgang Hesoun von Siemens sitzt stellvertretend für die Zuliefer-Industrie und ist einerseits Kunde, aber auch Dienstleister. Leistbar muss die Energie sein, vor allem in einem Hochpreisland wie Österreich. Stabile und planbare Energiepolitik ist sein Wunsch.
Wolfgang Anzengruber: Europa ist Spezialist geworden, neue Regeln zu erfinden, während US-Unternehmen das Geschäft machen. Nachsatz: aber zum Nutzen der Kunden, wie wir sehen. Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten, es geht aber darum, den Nutzen für den Kunden darzustellen. Fred Jung zählt verschiedene Kunden auf: es gibt die Kunden, die autark sein wollen, mit eigener Klein-Erzeugung und Speicherung. Andere Kunden suchen das günstigste Angebot und Großverbraucher haben wieder andere Bedürfnisse.
Wolfgang Hesoun zum Reizthema Förderungen: Was wirklich unterstützt werden muss, sind Innovationen, die ohne Anschub nicht stattfinden würden. (Darauf kommen wir morgen um die Zeit, versprochen!) Einspeisetarifförderungen hält Hesoun nicht für sinnvoll. Fred Jung ergänzt: es wird die Zeit kommen, in der nicht die Menge des produzierten Stroms entscheidet, sondern das Marktmodell das Wo und Wann, also Ort und Zeit der Einspeisung vergütet und ist überzeugt, dass die Erneuerbaren der Industrie damit bald auch das billigere Angebot machen werden. Rudolf Zrost ergänzt, dass das Negativ-Förderungssystem Emissionszertifikate und vor allem das Energieeffizienzgesetz wettbewerbsverzerrend seien.
Wolfgang Anzengruber pointiert genüsslich (und nicht zum ersten Mal): „Wollen wir Planwirtschaft oder Marktwirtschaft?“ Die Förderung von Output habe schon in der Landwirtschaft nicht funktioniert. Nichts hindert uns daran, morgen die Förderungen einzustellen und statt dessen in Forschung und Entwicklung investieren, so Anzengruber.
Das möchte Fred Jung vom Windkraftbetreiber juwi so nicht stehen lassen: „Ohne Outputförderung wären die behäbigen Industrieunternehmen nicht aufgesprungen wären. Förderungen nützen den kleinen, die den Wettbewerb befeuern und Dynamik in den Markt bringen.“ Zur Behäbigkeit der alten Energiewelt Wolfgang Anzengruber, angeregt: „Man muss auch das Sterben von alten Technologien zulassen.“ Die erneute Förderung für alte Technologien wäre der absolut falsche Weg.
Es liegt an der Industrie, von der Politik glaubwürdige Rahmenbedingungen einzufordern, so Fred Jung von Juwi bei der Debatte um Rahmenbedingungen. Die Stabilität dieser Rahmenbedingungen betonen alle Diskussionsteilnehmer. Je weniger, desto besser, ergänzt Wolfgang Anzengruber.
Damit endet der erste intensive Tag der Energiekonferenz in Fuschl- morgen wird es noch heißer, wenn alte Kunden auf junge Könner stoßen.