Natur und Regionen 04.09.2014

Stauraum Wien-Freudenau im Öko-Check-Up

Mitte Juli nahm ein Forschungsteam der BOKU den Einflussbereich der Anlage unter die (Fisch-)Lupe.

Wasserkraftwerke haben zahlreiche Auflagen zu erfüllen – soziale, ökonomische zu gleichen Teilen wie in gewässerökologischer Hinsicht. So auch das Donaukraftwerk Wien-Freudenau, das seit 1993 regelmäßig auf seine Umweltverträglichkeit geprüft wird. Erst kürzlich detektierte die Universität für Bodenkultur Wien erneut den Stauraum der Anlage. Ein Vergleich mit früheren Untersuchungen soll klären, wie sich die Anlage auf die Artenvielfalt und das Sediment auswirkt. Mit der Unterstützung von VERBUND gelang es dem Forschungsteam das Material zügig aus dem Fluss zu bergen.

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Rund 500 Kubikmeter Wasser schießt in der Sekunde durch eine Turbine des VERBUND-Laufkraftwerks Wien-Freudenau - Wassermengen von umgerechnet etwa 5 Mal das Volumen des Donaukanals. Naturgemäß kommt es dadurch zu großen Belastungen für die Stromsohle und den darin lebenden Tierarten. Bereits vor der Errichtung wurden deshalb gewässerökologische Kontrollen an der Donau sowie an den umliegenden Gewässern abgehalten. Von 21. Bis 24. Juli – rund 15 Jahre nach Einstau – starteten Forscher der BOKU erneut Untersuchungen im Einflussbereich des Kraftwerks. Im Zuge einer sogenannten „Beweissicherung“ wurden sedimentologische und biologische Proben aus der Stromsohle entnommen. 

Erklärtes Ziel der zehnköpfigen Forschungsmannschaft: Veränderungen des Sediments und der Artenvielfalt dokumentieren, die ökologische Funktionsfähigkeit einzelner Lebensräume prüfen und bei Bedarf Empfehlungen zur Nachrüstung fischökologischer Maßnahmen abgeben. Behutsam verpackt und gewissenhaft verschlossen sicherten die Wissenschaftler die einzelnen Proben: Sediment, Steine und darin lebende Tiere werden in den kommenden Monaten im Labor von ihnen unter die Lupe genommen.

Unter der Aufsicht von Umweltmanagerin und VERBUND-Fischflüsterin Roswitha Renner kamen zwei wissenschaftliche Methoden bei den Untersuchungen zum Einsatz: Deep Water Freeze Corer und Airlift-Sampler. Für die erste Methode wird ein Metallkern in den Flussboden geschlagen und anschließend mithilfe von Stickstoff vereist. Aus dem dadurch entstehenden Bohrkern kann die Zusammensetzung des Sediments in verschiedenen Tiefenschichten analysiert sowie deren Besiedelung mit Kleinstlebewesen dokumentiert werden. Anschließenden wird mittels Air-Lift Sampler-Methode durch Druckluft die Stromsohle an verschiedenen Stellen abgesaugt. Das dabei über ein Metallrohr an die Oberfläche transportierte Material kann ebenso biologisch ausgewertet werden und Aufschlüsse über die Besiedelung der Donau geben.

Trotz modernster Technik und der tatkräftigen Unterstützung der Schifffahrtspolizei, die für die tägliche Verkehrsregelungen auf der Donau sorgte, stellte der tiefe Wassergang der Donau die Forscher vor eine Herausforderung. So können etwa die Korngröße des Substrats, hohe Fließgeschwindigkeiten und die Wassertiefe herkömmliche Techniken für die Untersuchung der Gewässer an ihre Grenzen setzen. Mithilfe eines speziellen Schiffsverbands unterstützte der Baggerbetrieb von VERBUND die Forscher daher bei der sicheren und effektiven Arbeit. 

Das Laufkraftwerk Freudenau ist das zehnte und letzte Donaukraftwerk auf österreichischem Terrain und seit 1998 in Betrieb. Im wasserrechtlichen Grundsatzbescheid liegen zahlreiche Umweltauflagen begründet, die mit Erteilung der Baugenehmigung des Kraftwerks zum Tragen kamen. Im Rahmen dieser Auflagen sind Kraftwerksbetreiber dazu aufgefordert unter anderem für die Kontrolle des Ist-Zustandes der Verteilung der Lebensgemeinschaften zu sorgen sowie die erfolgten Maßnahmen regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit zu kontrollieren. In den Jahren 1993 bis 1994 durchliefen die betroffenen Donauabschnitte eine erste Beweissicherung. Nach Fertigstellung des Donaukraftwerks wurden von 1999 bis 2001 die Veränderungen erstmals nach Vollstau dokumentiert.