Smart Living und Innovationen 27.11.2013

Viktor Kaplan - Höhen und Tiefen eines Erfinderlebens

Viktor Kaplan - Höhen und Tiefen eines Erfinderlebens - VERBUND

Persönliches

Liebe Oma, bitte schick' mir einen Opa - dieser Satz fand sich in so manchem Schriftstück, das in den sechziger und frühen siebziger Jahren in Wien oder Graz aufgegeben wurde und an Frau Professor Margarethe Kaplan in Unierach am Attersee adressiert war. Mit einem Stoßseufzer wurde sodann von der betagten Empfängerin eine Tausendschillingnote in ein Kuvert gesteckt, ein liebevoll-ermahnendes Begleitschreiben beigefügt und beides umgehend einem offensichtlich wieder in finanziellen Nöten steckenden Enkelkind an seinen Studienort zugesandt.

Der eingangs zitierte Satz hatte bei uns dreizehn, in dieser Zeit noch in Ausbildung befindlichen Kindeskindern Professor Viktor Kaplans und seiner Frau Margarethe den Status eines geflügelten Wortes. Er war die Anspielung auf die Tatsache, dass die Republik Österreich in den Jahren 1962-1972 einem der bislang wohl letzten großen Einzelerfinder symbolisch höchste Anerkennung zollte, indem sie das Portrait des Schöpfers der nach ihm benannten Turbine auf die eintausend Schillingnote setzte - und so wurde von uns Enkelkindern diese Banknote kurzerhand Opa genannt.

 

Natürlich war unser berühmter Großvater in unseren Jugendjahren nicht nur als Symbol für ein begehrtes Zahlungsmittel präsent, sondern seine starke Persönlichkeit, seine Vorlieben und sein Wirken prägten auch noch Jahrzehnte nach seinem frühen Tod unser Heranwachsen. Dies wurde uns vor allem durch zwei Menschen vermittelt: Zunächst durch unsere Großmutter, Frau Margarethe Kaplan, der Gattin des Erfinders, und schließlich gleichermaßen durch unsere Mutter, Frau Dr. Gertraud Weber-Kaplan.

Margarethe Kaplan war eine Dame, die zeitlebens durch ihre außergewöhnliche Persönlichkeit bestochen hatte. Es war ihr in den 25 Jahren an der Seite eines großen Mannes der schwierige Trapezakt gelungen, einerseits ihren Gatten aufopferungsvoll zu unterstützen, andererseits aber auch ihre eigenen Talente und lnteressen zu pflegen und sich zu einer äußerst interessanten Frau zu entwickeln.

Nicht zuletzt war sie es, die nach dem Ableben ihres Mannes umsichtig die Vermögensangelegenheiten ordnete und das Gedenken an ihn wachhielt. So hatte sie etwa die ldee, den Vorzugsschülern der Viktor-Kaplan-Schule in Neuberg an der Mürz jährlich zum Schulschluss eine goldene Kaplan-Nadel in einem kleinen Festakt vor Ort zu überreichen, und im hochschulischen Bereich regte sie die Einrichtung eines Viktor-Kaplan-Stipendiums an, das jährlich an einige erfolgreiche Studierende der Technischen Universitäten von Wien und Graz verliehen wurde.

Sie hielt bei diversen Kraftwerkseröffnungen launige Reden und zog noch im hohen Alter mit ihrem Geist und Charme ihre Umgebung voll in ihren Bann. lm Alltag war die Frau Professor, wie sie allgemein respektvoll genannt wurde, dagegen eine äußerst engagierte Großmutter, die tatkräftig ihre beiden Töchter bei der Erziehung ihrer jeweils großen Kinderschar unterstützte.

Unsere Mutter, die sehr empfindsam den Lebensweg ihres Vaters schriftlich nachzeichnete, schien Kaplan in vielen Eigenschaften sehr ähnlich zu sein, war sie doch wie er äußerst fleißig, bescheiden, naturverbunden, humorvoll und zäh. Ihrem persönlichen Arbeitseinsatz ist es weitgehend zu verdanken, dass der Landsitz Rochuspoint, den Kaplan 1920 in Unterach am Attersee erworben hatte, auch nach dem Krieg unter völlig geänderten Rahmenbedingungen uns ein wundervolles Zuhause bot.

Hier wuchsen wir heran und stolperten dabei buchstäblich auf Schritt und Tritt - äußerst unbefangen - über Spuren, die vom Wirken unseres Großvaters Zeugnis gaben und heute noch geben.

Das unveröffentlicht gebliebene Manuskript, das wegen ihres frühen Todes unvollendet geblieben ist, ist neben den vielen bewährten Quellen nun eine wertvolle Hilfe bei dem Versuch, ein plastisches, der Wirklichkeit möglichst nahe kommendes Lebensbild über eine große österreichische Erfinderpersönlichkeit zu zeichnen.