„Bei mir muss immer was los sein!“
Das Murtal war stellenweise schon überflutet“, schildert Reinhard Waschl. „So ein Wetter gibt es nur alle 15 bis 20 Jahre.“ Werden – so wie im Juli – die Notfallpläne penibel abgearbeitet, lassen sich die Wassermassen noch kontrollieren. „Wir haben die meisten Stauräume aufgemacht.“ Rund um die Uhr waren die Teams für mehrere Tage im Einsatz, und Reinhard Waschl koordinierte Mensch und Technik. „Dabei war es aber sehr wichtig, darauf zu achten, dass die Kollegen zu ihren Ruhezeiten kommen“, so Waschl. Denn wer übermüdet ist, macht Fehler – das kann gefährlich werden.
Im „Nervenzentrum“
Als elektro- und leittechnisch Verantwortlicher in der Steiermark ist der Wirtschaftsingenieur nicht nur im Katastrophenfall für alle 41 steirischen VERBUND-Wasserkraftwerke betrieblich verantwortlich. In der Zentralwarte in Pernegg – dem „Nervenzentrum“ – werden von den Mitarbeitern sämtliche Pegelstände und Wehrfelder aller Kraftwerke vollautomatisch gesteuert und überwacht. „Die Stromgewinnung läuft ja im Standardbetrieb, aber heikel sind die Wasserabfuhr und natürlich die ökologischen Gesichtspunkte.“ Im 3-SchichtBetrieb genügt normalerweise ein Mitarbeiter, der über Monitore alle Kraftwerke im Blick hat. Gibt es irgendwo Probleme, wie zum Beispiel ein entwurzelter Baum, der sich verfangen hat, oder zeigt der Monitor eine Störung an, wird der Kraftwerkedienst alarmiert. Die restliche Zeit ist in den Werken niemand anzutreffen. „Dass man Wasserkraftwerke in dieser Art und Weise relativ einfach fernsteuern kann, hätte noch vor 25 Jahren niemand geglaubt“, ist sich Reinhard Waschl sicher.
Die Zentralwarte Pernegg: hier laufen alle Daten der 41 Wasserkraftwerke der Steiermark zusammen.
Eine intensive Zeit.
Damals war er selbst noch Elektrikerlehrling bei einem Stromerzeuger in Graz. Doch ein Lehrabschluss war dem ambitionierten Techniker nicht genug. Neben der Arbeit besuchte er dann die HTL für Elektrotechnik in Graz (BULME). Und schließlich beschloss er mit zwei Freunden, noch eines draufzusetzen, und schrieb sich in der Fachhochschule für Wirtschaftsingenieurswesen ein. „Anfangs fuhren wir zu den Lehrveranstaltungen in Mittweida, im ehemaligen Ostdeutschland“, erinnert sich Waschl. Erst ab dem zweiten Jahr gab es auch Vorlesungen im steirischen Weiz. Eine intensive Zeit, „aber ich bin froh, dass ich mich damals dazu aufgerafft habe.“
Abenteuerlustig und ehrgeizig
– so kam Reinhard Waschl viel herum: Von seiner Heimat Schladming für 15 Jahre nach Graz und später nach Salzburg, wo er bis 2011 mit seiner Familie lebte. Er arbeitete projektmäßig an den Kraftwerksneubauten in Leoben, Limberg II und Pfarrwerfen mit, dazwischen auch in Ottensheim und Ybbs/Persenbeug, wo er das Kraftwerkswesen in neuen Dimensionen kennenlernte: „Die Donau hat ja wahnsinnig viel Wasser im Gegensatz zu den steirischen Flüssen!“ Dank Projektarbeit konnte er damals zum Ausgleich viel reisen, war monatelang mit dem Rucksack in der Welt unterwegs. Mit den Reisen ins Ausland kam das Interesse für Sprachen, so lernte er Spanisch und verbesserte sein Schulenglisch. „Das kommt mir natürlich jetzt auch im Beruf zugute“, meint er.
Pioniergeist
Vor 15 Jahren war generell das Interesse an Wasserkraft gering, „doch wir haben in der Steiermark angefangen, die Kraftwerke zu automatisieren, das hat mir getaugt.“ Bei etwas Neuem dabei zu sein und mitzugestalten – das fordert den Pioniergeist des 43-Jährigen und bringt seine Augen zum Glänzen. Heute ist er als Betriebsingenieur für die gesamte Elektrotechnik in der Steiermark verantwortlich, seine Schwerpunkte sind die Enns und die mittlere Mur. Auch um Grundstücksgrenzen hat er sich zu kümmern, verhandelt mit Bürgermeistern über Servitute und kommuniziert mit den Fischereiverbänden. Im Fall von Hochwasser gelte es, den Verständigungsablauf penibel einzuhalten und Trübemessungen für Beweissicherungen vorzunehmen. Man kann auch nicht einfach nach Belieben Wehrfelder öffnen oder schließen: „Da agieren wir streng nach den Behördenauflagen.“
Wasserkraft in der Steiermark
Die "Werksgruppe Steiermark" umfasst 41 kleinere bis mittlere Wasserkraftwerke unterschiedlichen Typs (Tagesspeicher, Jahresspeicher, Lauf- und Laufschwellkraftwerke) in einem Umkreis von rund 100 km2 . Sämtliche Anlagen und Kraftwerke sind nach der Umweltnorm ISo 14001 zertifiziert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind sie vollautomatisiert und werden von der Zentralwarte in Pernegg aus gesteuert und überwacht. Pernegg ist zudem Standort der Werksgruppenleitung.
Immer was los!
„Mein Job ist spannender und umfangreicher, als ich es erwartet habe“, gesteht Reinhard Waschl, „aber ich könnte nicht jeden Tag das Gleiche machen, bei mir muss immer was los sein.“ Zu den vielfältigen Aufgaben kommt auch die Mitarbeiterführung dazu, was ihn besonders freut, weil er die neuen Strukturen mitgestalten kann: „Da hab ich die Freiheit, auch etwas zu verändern.“ Lehrlinge auszuwählen und bei den Mitarbeitern versteckte Talente zu entdecken und zu fördern, findet er spannend.
Auch privat ist Action angesagt
Reinhard Waschl reist nach wie vor gern. „Das soll auch bis ins Alter so bleiben!“ – heute eben mit Familie. Mit seiner Frau Andrea und seinen Kindern (4, 10 und 13 Jahre) ist er in seinem Heimatort Schladming sesshaft geworden. Für den Sportler der ideale Ort, um trotzdem keine Ruhe zu geben und um seinen Hobbys Skifahren, Radfahren und Bergsteigen zu frönen.